Rofan: Eines der besten Herbst Klettergebiete in Grenznähe.
Ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter- das beste Klettertraining ist klettern am echten Fels. Für „zache Hund‘“ spielen Jahreszeiten keine Rolle, die gehen bei jedem Wetter und allen Temperaturen an den Fels. Aber wir „Normalsterbliche“ müssen uns gerade in den Übergangszeiten mit einigen wenigen Gebieten mit Südwänden begnügen. Warum sich dabei so wenige Kletterer ins Rofan verirren, ist mir bis heute ein Rätsel, denn einige Klettergebiete sind wie geschaffen für die Übergangszeit! Süd- exponierte, kurze Wände mit bestem Fels und dank Seilbahn winkt ein müheloser Zustieg. Dazu ein herrlicher Blick auf den türkisblauen Achensee und die schroffen Zacken des Karwendels. Die Garantie für einen „lässigen“ Klettertag!
QUAL DER WAHL AM KLOBENJOCH
Allein wegen dem schönen Ambiente lohnt sich der Aufstieg zum Klobenjoch. Gerade im Frühling, wenn die grünen Almwiesen rund um die Dalfazalm blühen und die Farben im Kontrast zu den letzten Schneeresten ganz besonders leuchten. In der Klobenjoch- Südwand herrschen dann gerade an windstillen Tagen schon sommerliche Temperaturen, sodass oft früh im Jahr schon im T-Shirt geklettert werden kann bzw. muss. Natürlich steigen wir nicht nur wegen der herrlichen Natur hierher, sondern wegen den tollen Touren im soliden, wasserzerfressenen Kalk. Auch die humanen Hakenabstände sind ideal für eine schnelle Eingewöhnung an den Naturfels, wenn die „Vorstiegsmoral“ so früh im Jahr noch etwas „eingerostet“ ist. Bleibt nur die Qual der Wahl, denn es wartet eine coole Linie neben der anderen.
AB IN DIE GUILLOTINE
Für den Einstieg vielleicht die Flamme (6+), die nach zwei klassischen Seillängen entlang einer riesigen Schuppe durch wasserzerfressenen Kalk bis zum Ende des Felsriegels führt. Gut aufgewärmt steht man gleich unter dem nächsten Klassiker am Klobenjoch, denn Strada del Vino (7+/8-) ist ein absolutes Muss. Zum Auflockern der Glieder bietet sich Abkasern (7) an, in der es über Platten und Löcher etwas sanfter aber unerwartet kniffelig nach oben geht. Wer einen Grad schwerer unterwegs sein möchte, wird in Eu-Stress (8-/8) oder Traummännlein (8-) glücklich, während Riss- und Verschneidungs- Liebhaber unbedingt die Gelbe Verschneidung (8+) in Angriff nehmen sollten. Auch an Test- Pieces mangelt es hier oben nicht- wer es wissen will, versucht sich an der Guillotine (8), die nicht ohne Hintergedanken so heißt. Und das waren nur einige wenige Routen, die hier oben auf euch warten!
KURZ UND KNACKIG
Außer dem relativ bekannten Klobenjoch gibt es auf der idyllischen Hochebene hinter der Rofan Seilbahn noch einige alte und neue Klettergebiete mit solidem Fels und guten Sicherungen, zwei davon sind Rotspitze und Issplatten. Grau-orange leuchten eindrucksvoll die steilen Wände des Dalfazkammes herüber, wenn man vor der Erfurter Hütte steht.
Grüne Matten aus Schrofen und Latschen fallen sanft über seine Gipfel und Schultern. Der Blick bleibt am südlichsten Eckpfeiler hängen, wo das Gipfelkreuz der Rotspitze vor den blauen Konturen des Karwendels hervor sticht. Schon lange wird an der exponierten Südwand rund ums Jahr geklettert. Seitdem die meisten Klassiker saniert sind, muss auch niemand mehr in den Schlüsselpassagen zittern. Trotzdem haben die rassigen Linien noch „scharfe Zähne“.
HANFSEILE UND KLETTERPATSCHEN
Die Hände stecken tief im steilen Riss während die Füße hastig nach Tritten suchen. Selten ist die erste Seillänge einer Tour so exponiert wie in der Rebitschkante. Weit fällt der Blick hinab, fast tausend Meter tief zum glitzernden Achensee. Diese schmerzhafte Stelle, früher eine solide fünf, ist heute mit 6- bewertet und fühlt sich an wie eine Sieben. Es muss schon ein zacher Kerl gewesen sein, dieser Rebitsch, der hier 1931 mit filzbesohlten „Kletterpatschen“ hinauf geturnt ist. Auf die Reibung vertrauend, in athletischer Bewegung auf den Absatz hinauf schwingen, ist trotz moderner Haken und Vibram– Sohlen immer noch aufregend.